Wir alle nehmen die Welt um uns herum mit verschiedenen Sinnen wahr. Das merken wir schon als Kinder – der eine kann sich Dinge deutlich besser merken, wenn er sie sieht, die andere hört gern eine Geschichte und merkt sich jedes Detail. Schon früh bemerkt der ein oder andere auch, dass er eine besonders empfindliche Nase hat. Das ist manchmal recht unangenehm – besonders wenn man an einem übel riechenden Kanal vorbei kommt oder der Müllabfuhr-Tag naht.
Hohe Empfindlichkeit
gegenüber Gerüchen
Gleichzeitig bietet diese hohe Empfindlichkeit gegenüber Gerüchten auch einen Schatz – wir können nämlich unseren Körper unterstützen, mit Hilfe von Aromatherapie deutlich mehr Wohlbefinden zu erleben.
Diejenigen, die nicht so empfindlich gegenüber Gerüchen sind, dürfen auch gern weiterlesen – bei ihnen wirken Aromaöle auch, wenn auch vielleicht nicht so intensiv und unmittelbar wie bei Menschen mit erhöhter Sensitivität.
Gleichzeitig sollten diese besonders aufnahmefähigen Menschen auch Öle besonders vorsichtig testen und in geringen Mengen ausprobieren, weil sie natürlich auch besonders heftig in der negativen Richtung reagieren, wenn ein Öl mal nichts für jemanden ist.
Viele meiner Kenntnisse über Öle und ihre Anwendung basieren auf dem Buch von Ingeborg Stadelmann „Bewährte Aromamischungen“, erschienen im Stadelmann-Verlag, in der 9. Auflage im Jahr 2006.
Lange Tradition
Die Nutzung von Aromen für die Beeinflussung der Gesundheit und des Wohlbefindens hat eine lange Tradition. Lange vor Christi Geburt, wahrscheinlich schon 3000 Jahre vorher, wurden wahrscheinlich schon Extrakte aus Blüten und Kräutern gewonnen. Um das Jahr 1000 herum wurde das in der arabischen Heilkunst wieder belebt und in den darauf folgenden Jahrhunderten verfeinert und intensiviert. Oftmals wurden ätherische Öle von erfahrenen Frauen und Hebammen eingesetzt, oder auch von Badern und Ärzten, die ihre Erfahrungen mit der ein oder anderen Wirkung gemacht hatten und auch keine anderen Hilfsmittel hatten. Jean Valnet, ein französischer Arzt, konnte bei Verbrennungsopfern gute Erfahrungen mit Lavendelöl machen.
Wirkungsweise ätherischer Öle
Über die rein körperliche Wirkung hinaus beeinflussen ätherische Öle auch das Wohlbefinden auf einer anderen, eher psychischen Ebene. Heilungsprozesse können auf natürliche Weise unterstützt werden, Entspannung kann stattfinden. Viele Hebammen setzen daher im Rahmen der Geburtshilfe Öle ein, um Frauen zu stärken und den Geburtsverlauf möglichst positiv zu beeinflussen. Das dieses Wissen ausschließlich von Fachfrauen (und -Männern) eingesetzt werden sollte, versteht sich von allein – denn wo Positives erreicht werden kann, kann man mit den falschen Substanzen auch ganz schön viel Schaden anrichten. Deshalb sind alle Tipps, die wir in diesem Artikel geben, für Schwangere nur nach Rücksprache mit ihrer Hebamme anzuwenden.
Ätherische Öle können auch unterstützen, wenn Beschwerden noch nicht so schlimm sind und man sich in einer Ausnahmesituation befindet – z. B. im Urlaub in einem fremden Land. Dann kann man bei kleineren Verletzungen auch unterstützend Aromaöle mit einsetzen, um Beschwerden zu lindern. Natürlich gehören bestimmte Dinge in die Behandlung eines Arztes oder einer Klinik. Da entscheidet der gesunde Menschenverstand jedes Einzelnen.
Qualität der Öle
Besonders wichtig ist es, bei der Anwendung auf eine gute Qualität der eingesetzten Öle zu achten. Die Geruchsmoleküle dringen direkt in unsere Nase ein, und wenn sie dort eine gute Wirkung entfalten sollen, sollte der Grundstoff möglichst rein und natürlich sein. Aber auch bei einer körperlichen Anwendung wie einem Bad oder einer Massage dringt das Öl über die Haut in den Körper ein, und dabei wollen wir unserem Körper ja etwas Gutes tun. Wo du Öle in guter Qualität beziehen kannst, erfährst du am Ende unseres Blogs.
Wie beeinflussen Gerüche
unsere Gefühle?
Der Körper selbst entwickelt einen Eigengeruch, je nach hormoneller Situation, Befinden und Stresslevel. Vieles, was wir unserer vermeintlichen Intuition zuschreiben, haben wir vielleicht über das Riechen wahrgenommen, z. B. den Geruch eines Hauses, das wir zum ersten Mal betreten. Das Riechsystem ist auch mit dem Immunsystem gekoppelt – allein darüber können wir unser Wohlbefinden positiv beeinflussen. Die Hormonausschüttung wird von Gerüchen auch in der einen oder anderen Weise beeinflusst. Grapefruitöl zum Beispiel wird eine Wirkung zugesprochen, bei der mehr schmerzstillende Stoffe produziert werden. Mit Zitronenöl hat schon mancher festgestellt, sich besser konzentrieren zu können, und Rosmarin soll die Sinne wacher machen. Wenn wir uns mit Entspannung beschäftigen, brauchen wir dann aber andere Stoffe.
Trägerstoffe
Als Trägerstoffe für ätherische Öle können fette Pflanzenöle eingesetzt werden, wenn sie zum Beispiel auf die Haut aufgetragen oder als Badezusatz verwendet werden sollen. Einige Öle sind so reichhaltig und sollten so sparsam gebraucht werden, dass ihre Anwendung ohne das Trägeröl viel zu intensiv wäre. Als Trägeröle eignen sich zum Beispiel Jojobawachs, süßes Mandelöl oder Nachtkerzenöl. Weitere Trägerstoffe sind Sheabutter, Wollwachs oder auch Bienenwachs.
Hydrolate sind sozusagen Nebenprodukte der Gewinnung ätherischer Öle. Sie werden auch „Pflanzen- oder Blütenwässer“
genannt. Sie können unter anderem zur Wundbehandlung oder in der Pflege von Kleinkindern eingesetzt werden.
Die Inhaltsstoffe von Hydrolaten sind flüchtig. Sie werden im Laufe der Zeit an Qualität einbüßen. Daher ist es wichtig, die Produkte möglichst innerhalb eines Jahres nach ihrer Herstellung zu verbrauchen.
Entspannung mit Hilfe
von Aromaölen
Bei der Entspannung ist es das Ziel, unserem Körper zu signalisieren, dass er jetzt entspannen kann. Wir möchten den Parasympathikus ansprechen – den Teil unseres Zentralnervensystems, der für Stressabbau zuständig ist. Wir können die Öle und Hydrolate unserem Körper auf verschiedene Art und Weise zuführen: über das Riechen oder auch über die Haut.
Wer allerdings gerade Medikamente einnimmt, sich in einem Krankheitsprozess befindet oder davon regeneriert, kann andere Wahrnehmungen von Gerüchen haben. Auch wirken Öle dann zum Teil verändert oder stärker. Deshalb empfehlen wir in diesem Fällen im Zweifel eine sehr vorsichtige Anwendung oder eine vorherige Rücksprache mit einem Fachexperten für Aromatherapie.
Jetzt wollen wir uns einigen Anwendungsformen von Aromaölen in der Entspannung zuwenden.
Anwendung in der Duftlampe
oder dem Dampfzerstäuber
Wenn ich Düfte in der Duftlampe oder im Zerstäuber verwende, achte ich darauf, dass keine alten Ölrückstände mehr im Behältnis sind. Wenn man z. B. das Behältnis mit Wasser befeuchtet und dann Backpulver auf die verklebten Ränder streut, lassen sich Rückstände meist nach einigen Stunden des Einweichens ganz bequem mit einer alten Zahnbürste entfernen.
Damit ich mein Gemüt nicht überfordere, verzichte ich in der Duftlampe auf das Mischen zu vieler verschiedener Düfte. Mich entspannt das harmonisierende Öl der Rosengeranie, ihm wird eine harmonisierende Wirkung bei „unverdauten“ Problemen und feindseligen Stimmungen zugesprochen. Auch Lavendel hat bei mir eine positiv-entspannende Wirkung. Er soll eine innere Reinigung fördern und helfen, schwierige Situationen zu meistern.
Habe ich keine Aromalampe zur Verfügung, funktioniert auch die Anwendung auf dem Duftstein, einem porösen Keramik-Element, das den Duft aufnimmt und über Stunden wieder abgibt. Das ist auch die optimale Lösung für die Nacht, wenn ich keine Kerzen im Schlafzimmer abbrennen möchte.
Beim Lavendel gibt es ganz unterschiedliche Qualitäten. Ingeborg Stadelmann empfiehlt, in der Duftlampe „Lavendel fein“ einzusetzen, weil es runder riecht als Lavandin. Therapeutisch empfiehlt sie den Einsatz von Lavendel extra, der einen dumpfen und eher tiefen Geruch hat.
Kamille ist für seine entspannende und verdauungsfördernde Wirkung bekannt. Für die Duftlampe wird die römische Kamille empfohlen, gerne auch in einer zehnprozentigen Verdünnung mit Jojobawachs. Auch bei zahnenden Kindern oder zum Einschlafen bei Unruhe hat Frau Stadelmann mit römischer Kamille sehr gute Erfahrungen gemacht.
Sandelholz wirkt unter anderem antidepressiv und wird bei Angstzuständen und Schlaflosigkeit eingesetzt. Wem es zu intensiv ist, der kann an der 10%igen Verdünnung mit Jojobawachs Gefallen finden. Es beruhigt die Sinne, sollte aber vorsichtig und mit viel Bedacht eingesetzt werden. Es hat eine erotisierende Wirkung.
Zedernöl soll Zuversicht und Innere Kraft geben, insbesondere bei alten Menschen.
Entspannungsbad
Für ein Entspannungsbad empfiehlt sich eine Dosierung von etwa 6 bis 10 Tropfen pro Vollbad. Sehr alte Erkenntnisse, wie vom Vater der Dufttherapie, Jean Valnet, berichten sogar von höherer Wirkung bei weniger hoher Dosis. Wird dem Bad Essig zugesetzt (100 ml pro Vollbad), soll es noch zusätzlich ein entgtiftende Wirkung haben. Sahne (1 Eierbecher voll) hat eine hauptpflegende Wirkung. Honig (2-3 Esslöffel pro Vollbad) sollen bei Schlaflosigkeit und Nervosität als Zusatz helfen. Für Schwangere kurz vor der Geburt empfiehlt Ingeborg Stadelmann für ihr Entspannungsbad den Zusatz von Totem-Meer-Badesalz, um die Wirkung zu unterstützen. Als Öle werden von ihr römische Kamille, Lavendel, Sandelholz, Mandarine rot, Rosengeranie und Zeder empfohlen. Narde kann die Anwendung verstärken. Die Aromamischung kann über die Bahnhofsapotheke in Kempten bezogen werden.
Zeder soll z. B. bei Meditationen helfen, einen ruhigen Gemütszustand zu erreichen. Er soll Halt und Stärke geben.
Wird ein Zusatz gewählt, das Öl vorab damit mischen und dann zusammen in die Badewanne einrühren. Ansonsten das Duftöl direkt ins Wasser geben. Ein Vollbad sollte etwa 10 bis 20 Minuten dauern, danach möglichst ruhen.
Entspannende Selbsteinreibung
oder Massage
Möchte man selbst ein Massageöl nach den eigenen Duftvorlieben mischen, empfiehlt sich ein Rezept von 100 ml Trägeröl mit 40 Tropfen Duftöl insgesamt. Bei manchen Ölen braucht man deutlich weniger, z. B. Jasmin, Rose oder Geranie. Lieber zunächst weniger Tropfen nehmen, dann die Verträglichkeit testen und ggf. steigern. Nicht jeder mag intensive Mischungen, manche mögen den Duft etwas weniger stark.
Für ihre Aromamischung „Massageöl entspannend“ hat Ingeborg Stadelmann eine Mischung aus Fenchel, Kamille, Lavendel, Linaloeholz, Mandarine, Neroli, Aprikosenkern- und Mandelöl zusammen gestellt. Es kann ebenfalls über die Bahnhofsapotheke bezogen werden und eignet sich auch, um Wachstumsschmerzen bei Kindern zu behandeln.
Was spricht eventuell dagegen?
Schwangere sollten in keinem Fall auf eigene Faust Aromatherapie versuchen – bitte immer eng mit einer Hebamme oder einem Arzt absprechen. Bestimmte Öle können Wehen fördern, wenn man es überhaupt nicht gebrauchen kann.
Bei Neugeborenen sollte man nur nach Rücksprache mit einem erfahrenen Aromatherapeuten oder einer Hebamme Duftöle einsetzen.
Bei Kindern, die auf dem Weg in die Pubertät sind, soll es durch den Einsatz von Lavendelöl zu einer Förderung des Eintritts der Pubertät gekommen sein. Daher empfehlen wir hier auch einen vorsichtigen Umfang mit diesem Öl.
Fazit
- Aroma-Öle bieten, in guter Qualität angewendet, eine hervorragende Möglichkeit, Entspannung zu finden.
- Vorsichtig in kleinen Mengen ausprobieren, ob ihr die Öle vertragt, bevor ihr mehr verwendet.
- Öle nicht zu lange lagern.
- Achtung bei Schwangeren, Kindern und Neugeborenen – Warnhinweise beachten und Rücksprache mit einem erfahrenen Aromatherapeuten oder einer Hebamme halten.
Literatur und Quellen
- Stadelmann, Ingeborg: Bewährte Aromamischungen, Wiggensbach 2009
- Vogel, Theo/Nussbaumer, Rita: Die Duftfibel – Das ABC der ätherischen Öle, Midena Verlag, 1994
- Uhlemayer, Ursula: Wickel & Co. Bärenstarke Hausmittel für Kinder, Urs-Verlag, Oy-Mittelberg, ISBN 978-3-9807-8150-3
- Michalsen, Andreas: Heilen mit der Kraft der Natur, Insel-Verlag, Berlin, 7. Auflage 2015